Marokko
Dakhla & Aourir
Die Tierschutzsituation in Marokko ist katastrophal, und die allgemein beschriebene ablehnende Haltung der Bevölkerung gegenüber Streunertieren in vielen Ländern, spitzt sich in muslimischen Ländern in Bezug auf Hunde weiter zu, da diese religiös bedingt als „unberührbare Tiere“ gelten.
Leider werden sehr viele Straßenhunde gezielt misshandelt (geschlagen, mit Messern verstümmelt oder mit heißer Brühe übergossen) oder getötet. Auch von Regionalpolitikern angeordnete „Säuberungsaktionen“ finden immer wieder statt, wo gezielte Massentötungen (durch Vergiften oder Erschießen) von Straßenhunden durchgeführt werden.
Hinzu kommen unzählige Verkehrsunfälle, in denen Straßenhunde und -katzen oft schwerste Verletzungen erleiden – sehr häufig werden die Tiere beim Queren der Straße noch am Hinterteil erwischt und erleiden durch den Aufprall schwere Nervenschädigungen bis hin zu Querschnittslähmungen.
Marokko geriet in unser Augenmerk, als Patricia 2021 privat für knapp zwei Monate in Dakhla, ganz im Süden von Marokko, gewesen ist und fassungslos über das Leid der unzähligen Streunerhunde war, die in der dortigen Wüstengegend tagtäglich um ihr Überleben kämpften. Sie begann damit, täglich die Umgebung abzufahren, um die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen, und versuchte in der Region Menschen oder Organisationen zu finden, die sich für die Streunertiere einsetzen, was sich als nicht einfach gestaltete.
Mit Geld- und Sachspenden sowie mit Medikamenten ausgestattet flog Patricia 2022 erneut für einen Monat in die Region und hatte die Absicht, mit einem marokkanischen Bekannten vor Ort einen kleinen Shelter für Hunde aufzubauen. Tragischerweise verstarb Lahcen kurze Zeit später im Alter von nur 34 Jahren in einem Autounfall, und das Projekt kam zum Erliegen.
Das Leid der Tiere, das Patricia in Marokko gesehen hatte, ließ sie jedoch nicht los und so reiste sie 2023 wieder nach Marokko, nach Aourir (Großraum Agadir), wo sie für über einen Monat in einem privat betriebenen Tierheim mitarbeitete, in welchem mehr als 700 Hunde und Katzen in Zuständen untergebracht sind, die Patricia anfänglich daran zweifeln ließen, ob es sich hierbei noch um Tierschutzarbeit handelt. Die dortigen Hundegehege sind rappelvoll, viele Katzen müssen bedarfsweise in kleinen Transportboxen untergebracht werden, fast täglich kommen neue, oft schwerst verletzte Tiere ins Tierheim, die teilweise nur laienhaft medizinisch notversorgt werden können, kranke und ansteckende Tiere können oft nur in bedarfsweisen Notunterkünften separiert werden, der Lärmpegel ist massiv, die wenigen Arbeiter vor Ort erschöpft und überfordert.
Patricia war entsetzt von den Zuständen vor Ort und versuchte zu verstehen, wie sich diese grauenhafte Gesamtsituation erklären und womöglich verbessern ließ.
Aufgrund der landesweit bestehenden, katastrophalen Tireschutzlage in Marokko ist die Anzahl der hilfsbedürftigen (Streuner)Tiere unvorstellbar hoch, während die Zahl der Menschen, die privat Institutionen zum Schutz der Tiere errichten und betreiben verhältnismäßig gering ist.
Die wenigen Tierheime/Tierschutzeinrichtungen werden überflutet mit Tieren und nehmen in ihrer Verzweiflung oft weit mehr Tiere auf, als die Einrichtung grundsätzlich tragen würde, da sie wissen, dass sie oftmals die einzige Hilfseinrichtung in der Region sind und die Abweisung eines (verletzten oder kranken) Tieres oft dessen sicheren Tod auf der Straße bedeuten würde.
Die Tierheimeinrichtung, in der Patricia mitarbeitete, ist jeden Monat allein mit Futterkosten in Höhe von 10.000 Euro konfrontiert! Hinzu kommen gewichtige Kostenpositionen für Mitarbeiter und für die tierärztliche Versorgung kranker und verletzter Tiere, sowie für Kastrationen.
Es ist ein ständiger Kampf ums – finanzielle – Überleben und um das Überleben und Wohlergehen der einzelnen Tiere, das aufgrund der Massen der untergebrachten Tiere leider nur sehr bedingt gewährleistet werden kann. Das Tierheim sieht sich weiters mit Anfeindungen und Angriffen von Nachbarn konfrontiert, die dort schlichtweg keine Tiere haben wollen, und einerseits einen Rechtskrieg mit dem Ziel der Räumung der Tierheimeinrichtung führen, andererseits aber auch schon „Giftköderanschläge“ von außen auf die Gehege verübt haben, denen einige Hunde zum Opfer fielen.
Die Gesamtsituation in Marokko ist schlichtweg schrecklich.
Für die Tiere vor Ort ein neues Zuhause zu finden, gestaltet sich insbesondere in Bezug auf Hunde naturgemäß schwierig, da die Menschen in Marokko in der Regel keine Hunde als Haustiere halten (wenn überhaupt, werden Hunde als Wachhunde gehalten und fristen ein Leben an der Kette). Das Tierheim ist somit wiederum auf Auslandsadoptionen angewiesen, was sich natürlich schwierig gestaltet, da für jedes einzelne Tier umfangreiche Kosten entstehen, bis dieses überhaupt ausreisebereit ist (Impfungen, insbesondere Tollwutimpfung samt Titer-Bestimmung, Kastration, Flugticket, Transportbox usw.).
Patricia arbeitete in ihrer Zeit in Marokko nicht nur tatkräftig vor Ort mit, sondern machte auch einen Spendenaufruf für den Verein und konnte über 12.000,-- EUR zur Unterstützung des Tierheimes sammeln. Der Großteil des Geldes wurde dringend für Futter und Tierarztbesuche benötigt, doch ein paar Tieren wollte Patricia auch die Reise in eine bessere Zukunft ermöglichen und finanzierte das Kostenpaket zur Ausreise von drei, infolge von Autounfällen körperlich behinderten Hunden, die nunmehr ein neues, glückliches Leben in Spanien führen dürfen, sowie von 2 behinderten Katzen, die in Tirol ein wunderbares Zuhause gefunden haben.
Bei den landesweit bestehenden, katastrophalen Zuständen vor Ort stellt die Adoption einzelner Tiere natürlich nur einen Tropfen auf dem heißen Stein dar, auch wenn sich für das betreffende Tier hierdurch die ganze Welt verändert, was uns persönlich stets jeden Euro und jede Mühe wert erscheint.
Insgesamt scheint uns die sinnvollste Art der Unterstützung marokkanischer Tierschutzeinrichtungen jedoch darin gelegen zu sein, gemeinsam Kastrationsprojekte vor Ort zu organisieren und durchzuführen, um langfristig die explodierenden Zahlen der Streunertiere in den Griff zu bekommen, und so nachhaltig das unnötige Leid der Streunertiere zu verringern.
Patricia war bereits im März 2024, gemeinsam mit einer Gruppe spanischer Tierärzte und Tierschützer von Salvando Peludos (siehe Spanien), für ein solches Projekt vor Ort, um im Rahmen einer 5-tägigen Zusammenarbeit mehrere Hundert Straßenhunde und -katzen in 2 Regionen kastrieren und bedarfsweise medizinisch versorgen zu lassen.
Unser Hauptaugenmerk als Verein wird in Marokko auch künftig auf der Durchführung und Unterstützung von Kastrationsprojekten liegen und nur vereinzelt auf finanzieller Unterstützung einzelner Tierheime oder Vereine. Da die Adoption von Tieren aus Marokko kosten- und zeitintensiv ist, bieten wir keine reguläre Vermittlungshilfe an.
Solltest Du jedoch gerne einem Tier aus Marokko ein neues Zuhause schenken wollen, dann kannst Du Dich gerne mit uns Kontakt setzen und wir können Dir beratend zur Seite stehen oder eine einzelfallbezogene Vermittlungshilfe leisten.
Eindrücke Dakhla & Aourir
Leone... einer von Vielen
Das Schicksal von Leone steht stellvertretend für die unzähligen Tiere, die dem Straßenverkehr in Marokko zum Opfer fallen und schwerste Verletzungen davontragen. Leone war ein Straßenhund, der friedlich unter einem parkenden Auto ein Nickerchen machte, als das Auto gestartet und Leone unbeabsichtigt überrollt wurde.
Zum Glück brachte der Autofahrer Leone ins Tierheim, und von dort aus ging es mit Patricia zum Tierarzt, wo festgestellt wurde, dass sein rechtes Vorder- und Hinterbein gebrochen waren. Im Vergleich zu vielen anderen marokkanischen Straßenhunden, die infolge eines Autounfalles lebenslange Nervenschädigungen und (Querschnitt)Lähmungen davontragen, hatte Leone zwar noch „Glück“ (im Unglück).
Doch anhand von Leone und seinem nur schleppend voranschreitenden Genesungsprozess, bei dem ihm Patricia tagtäglich mit viel Liebe und Pflege zur Seite zu stehen versuchte, lässt sich traurigerweise aufzeigen, dass aufgrund der katastrophalen Zustände vor Ort (permanente Überfüllung des Tierheimes, Mangel an Personal, Zeit und finanziellen Mitteln für laufende tierärztliche Behandlungen und Medikamente) selbst aus verhältnismäßig „harmlosen“ Verletzungen oft lebenslange Einschränkungen für die Tiere zurückbleiben, da keine hochqualitative medizinische Versorgung gewährleistet werden kann und die Tiere sich körperlich oft nie mehr vollständig von ihren Verletzungen erholen.